NichtmeinTatort
Pary El-Qalqili
Biene Pilavci
An
ARTE G.E.I.E.
z.Hd.v. Peter Boudgoust (Präsident)
4 quai du Chanoine Winterer
67000 Strasbourg – France
Berlin, den 17.11.2020
Stellungnahme zum ARTE Statement vom 12.11.2020
Sehr geehrte Frau Savin,
sehr geehrter Herr Boudgoust,
sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrte Gesellschafter*innenversammlung,
sehr geehrte*r Programmbeirat und Koordinator*innen,
sehr geehrte Damen* und Herren*,
vielen Dank für Ihr rasches Statement auf unseren Offenen Brief bezüglich des ARTE-Kurzdokumentarfilmwettbewerbs „Regisseurin gesucht“.
Allerdings lässt Ihr Statement uns mit den gleichen drängenden Fragen zurück. Sie schreiben, Ihre Ausschreibung sei „missverstanden worden“. Dass hier aber offensichtlich mehr als ein „Missverständnis” vorliegen muss, belegen die 654 Unterzeichnenden unseres Offenen Briefes, sowie die Unterstützung der 28 Filmverbände, Vereine und Initiativen.
Eine Ausschreibung, die sich vorwiegend an Nachwuchsregisseurinnen richtet, kann keine flächendeckende Gleichberechtigung von Regisseurinnen* aller Altersgruppen bedeuten. Auch die Referenz ihres Titels „Unbeschreiblich weiblich” auf ein Musikstück, das „Selbstbestimmung von Frauen” thematisiert und sich von „konventionellen Frauenrollen” distanziert, bedeutet eine Festschreibung der Regisseurinnen* auf ihr Geschlecht und keine Initiative für Gleichberechtigung.
In Ihrer Antwort justieren Sie nach: Es dürfen nun auch „unveröffentlichte Filme” teilnehmen und nicht nur, wie auf Anfrage an Ihre Pressestelle bestätigt, eigens für die Ausschreibung hergestellte Produktionen. Dies verdeckt kaum den Fakt, dass die für die jungen Teilnehmerinnen* nötige finanzielle und kreative Vorarbeit noch nicht einmal mit der Sicherheit einer Vergütung oder Lizenzierung belohnt wird.
Mit anderen Worten: Ihre Ausschreibung „Regisseurin gesucht“ führt in unseren und den Augen unserer zahlreichen Mitstreiter*innen leider am Ziel vorbei. Eine gleichberechtigte Teilhabe von Regisseurinnen* und die damit einhergehende Programmvielfalt kann nur erreicht werden, wenn ARTE sich strukturell der Gleichberechtigung von Regisseurinnen* und der Filmemacherinnen* aus den anderen Gewerken verschreibt. Uns scheint, dass es bei den Programmverantwortlichen* und Redakteur*innen an dieser Stelle großen Nachholbedarf bezüglich des aktuellen Genderdiskurses gibt. Es ist vielleicht auch kein Zufall, dass der ARTE-Vorstand und die Mitgliederversammlung mit ihren rein männlichen Besetzungen sich alles andere als paritätisch darstellen und damit unseres Wissens konträr zu den in den Rundfunkstaatsverträgen festgeschriebenen Sende- und Beschäftigungsaufträgen stehen.
Wir freuen uns daher auf ein Gespräch mit Ihnen, bei dem wir auch gerne nochmal unsere wichtigsten Forderungen erläutern:
Eine Einführung der 50/50 Gender-Quote für alle ARTE-Sendeplätze und ARTE-Filmproduktionen
Transparente Maßnahmen aller ARTE-Redaktionen, um die Gendergleichberechtigung von Autorinnen*, Regisseurinnen*, Cinematografinnen*, Editorinnen*, Tonfrauen*, Filmkomponistinnen* und Produzentinnen* umzusetzen
Gender-Monitoring von allen redaktionellen Entscheidungen
verpflichtende Fortbildungen zu Feminismus, Intersektionalität und Gleichberechtigung für alle ARTE-Redakteur*innen und Programmverantwortlichen*
gleichberechtigte Teilhabe von Regisseurinnen* of Color, Transfrauen* und non-binären Menschen
Wir freuen uns, wenn Sie uns bis zum 30. November einen zeitnahen Gesprächstermin mit Ihnen und den Programmverantwortlichen* anbieten können.
Im Namen unserer 650 Unterzeichnenden
Pary El-Qalqili und Biene Pilavci
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